1.–3. April 2022: BuchDruckKunst

[Okay, hier war lange nichts los. Bitte beachtet: Dieser Eintrag stammt aus 2022 …]

Endlich wieder viele Druck- und Buchkünstler*innen unter einem Dach: Am ersten Aprilwochenende findet im Hamburger Museum der Arbeit die BuchDruckKunst statt. Und weil das Schwerpunktthema in diesem Jahr auf Fotografie und fotografischen Edeldruck-Verfahren liegt, bin ich ausnahmsweise nicht hinter den Kulissen, sondern als Aussteller dabei. Ihr findet mich am Stand 10 im Erdgeschoss der Neuen Fabrik, ich zeige Cyanotypien, Fotoradierungen und anderes Fotografisches, aber auch typografische Arbeiten aus meiner Kellerdruckerei.

Elbphilharmonie vom Musical-Ufer, Cyanotypie vom 9×12-Negativ

DIY: Kleine Fachkamera selbst bauen

Im Grunde war mir schon früher im Jahr, als ich der Cambo einen Digital-Adapter gebaut habe, klar, dass mir die zu groß ist, um sie mal eben für ein oder zwei Stitching-Panoramen irgendwohin mitzunehmen. Weshalb ich ziemlich schnell auf die Idee gekommen bin, dass ich auf Basis meines selten benutzten Kleinbild-Balgengeräts (dazu siehe unten den Nachtrag) auch eine Fachkamera mit den für mich relevantesten Verstellungen selbst bauen könnte.

Ich brauchte dann noch ein paar Zutaten, aber die waren alle für ein paar Euro im Internet-Auktionshaus oder im Baumarkt aufzutreiben. Und dann brauchte ich noch viel Geduld, weil ich die Holzbearbeitung nun mal lieber manuell als mit Elektrogeräten mache – aber genau dadurch war dies ein sehr schönes Projekt, um über den extrem (computer-)arbeitsintensiven Herbst hin immer mal eine halbe Stunde Ausgleichssport zu haben. (Und anders als bei vielen anderen aufeinander aufbauenden Werkstatt-Tätigkeiten war es hier nicht schlimm, wenn es nach der halben Stunde erst mal eine Woche lang nicht weiterging.) (mehr …)

Artur, 1948–2020

Als wir uns zum ersten Mal begegnet sind, irgendwann 2012, hatte Artur Dieckhoff das Erwerbs­leben als Schrift­setzer­meister und Berufs­schul­lehrer schon hinter sich. Aber Ruhestand kennt einer wie Artur nicht; deshalb war er damals Ehren­amtlicher in der grafischen Abteilung des Museums der Arbeit und vermit­telte in der offenen Werk­statt die Grund­lagen von Handsatz und Buchdruck. Und eines Montag­abends kam ich, frisch Selbst­ständiger, dorthin, um eine Visiten­karte zu setzen für meine Unter­nehmung namens „Fein­gedrucktes“ – nahezu zwangs­läufig war das der Beginn einer wunder­baren Freundschaft …

Unglaublich viel durfte ich von ihm lernen in den paar Jahren seither; es blieb nicht bei den Winkel­haken-Basics, sondern in seiner eigenen Werk­statt auf dem Land hab’ ich sogar mal eine Tabelle aus Messing­linien berechnen und setzen müssen, nein: dürfen. Auf dem Weg zur Typomania, zu der er mich zwei Mal mitnahm, fragte er mich die tradi­tionellen Schrift­größen-Bezeichnungen ab wie zuletzt in den Achtzigern mein Latein­lehrer die Vokabeln. Und viele Bücher haben wir zusammen gemacht, mehr als ein Dutzend, dazu einige Karten­spiele; Gedicht­bände zumeist, oder auch fantastisch-Autobio­grafisches wie seine Ruhrpott-Erinnerungen „Lebe wild und gefaehrlich!“ Immer charak­terisiert von Arturs über­bordender Krea­tivität, der wunderbar kind­lichen Experimentier­freude und auf der illustrativen Ebene von seinem prägnanten Holzschnitt-Strich und den plaka­tiven Farben – Bunt war seine Lieblingsfarbe.

Seine zeichne­rischen Sujets waren Tiere, besonders Fabel­wesen, und immer wieder Nixen, Nymphen, Teufe­linnen. Bei letzteren hab’ ich bei Layout und Bild­bearbeitung öfters mal rote Ohren riskiert, denn auch in der Darstellung von Erotik ging es bei Artur plakativ zu. Dass wir aller­dings eines seiner Tarot-Decks nicht bei der darauf speziali­sierten Online­druckerei in Asien bestellen konnten, weil das als „Porno­grafie“ nicht ausfuhr­fähig sei, ging sogar mir altem Puritaner zu weit – pffft, bei Artur war das nicht Porno­grafie, sondern Verehrung der Weiblichkeit.

Ja, und Essen! Für seinen geliebten Matjes konnte er mich nie begeistern, und über Pfann­kuchen haben wir zwar mal ein Buch gemacht (unser letztes gemein­sames), aber sie nie zusammen gebacken. Doch Franz­brötchen, die waren unser Ritual, über die Jahre haben wir nahezu alle Bäckereien Altonas durch­probiert und dabei über Freud und Leid des Vater- bzw. Großvater­seins philo­sophiert. Und wenn bei mir daheim das Telefon während des Essens klingelte (egal wann, bei uns wird zu den unter­schied­lichsten Tageszeiten gekocht), dann sagten seit Jahren schon alle, ohne aufs Display zu schauen, „Hallo, Artur“ – es konnte nur er sein, beim Essen war es immer er.

Jetzt nicht mehr – die Franz­brötchen-Session im Oktober war unsere letzte. Sein Appetit war da schon nicht mehr ausgeprägt, und auch sonst gab es reichlich Grund, sich Sorgen zu machen, über Abschied nach­zudenken. Es dauerte dann noch bis weit in den November und muss nach allem, was ich höre, eine Quälerei gewesen sein. Dabei hätte einer wie Artur es verdient gehabt, den letzten Bogen der Auflage aus der Andruck­presse zu nehmen, sich dann in den Sessel zu setzen und einfach nicht mehr aufzu­stehen. Aber vor allem noch nicht mit Zweiundsiebzig …

Danke für alles, Artur. Ahoi.

Arturs Hände beim Hozschnitt
Artur bei der Typomania 2015. – Hier stand zuerst ein Schwarzweiß-Foto, aber die Photoshop-Farbregler bis zum Anschlag zu schubsen würde ihm besser gefallen.

Siehe auch

DIY: Analoge Fachkamera digitalisieren

So schön die analoge Fotografie in großen Aufnahmeformaten ist, spätestens beim Wunsch nach Farbe hört der Spaß auf: Für einen Diafilm mit Entwicklung im kleinen Großformat 4×5 Zoll zahlt man anno 2020 ca. zehn bis 15 Euro – pro Aufnahme. Grund genug für mich zu überlegen, wie ich eine Digitalkamera sinnvoll an meine Fachkamera adaptieren kann, um mittels deren Verstellbarkeit überlappende Aufnahmeserien bei möglichst gleichbleibender Perspektive machen zu können, die anschließend im Bildbearbeitungsprogramm mit der Panorama-Funktion zu einem großen Bild zusammengesetzt werden. Und beim Überlegen ist es natürlich nicht geblieben …

Pinhole 80mm Cambo digital
Einer meiner ersten Versuche in dieser Richtung: mein Beitrag zum Pinholeday 2020, zusammengefügt aus 54 Einzelaufnahmen

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Blaue Wunder

Es ist ja schon manchmal beängstigend, wie viel Erwerbs­arbeit sich in ein einzelnes Jahr pressen lässt … Bis auf diese eine Post­karte neulich und die Siebdruck-Shirts habe ich 2020 noch nichts H4ndw3rk­liches gemacht, weil die am Rechner zu erledigende Auftrags­lage so opulent ist. Damit sich aber diese WordPress-Installation nicht demnächst aus lauter Lange­weile selbst löscht (bei Digital­technik kann man nie wissen), hier mal ein Blick über den Keller­rand in meine beruf­liche Sphäre, wegen der thematischen Schnittmenge:

Das Buch "Blaue Wunder" auf meinem Setztisch
Das Buch Blaue Wunder von Marlis Maehrle ist vor ein paar Wochen erschienen, hier die Infor­mationen des Verlages, und ich hatte das Vergnügen, an der Entstehung wesent­lich beteiligt zu sein: durch Satz und Produk­tion der Druck­vorlage sowie die Bild­bearbeitung – letztere ziemlich umfang­reich, nicht weil es so viel zu mani­pulieren gab, sondern um im Gegen­teil die Anmutung der abge­bildeten Arbeiten möglichst dicht ans Original zu bringen.
Und auch wenn ich in diesem Fall natür­lich befangen bin, erlaube ich mir doch, das Ergebnis sehr gelungen zu finden, sicher­lich eine Berei­cherung der Literatur zum Thema. Für eher technisch Inter­essierte vermutlich weniger geeignet, weil die neueren, empfind­licheren, aber auch chemie­lastigeren Rezep­turen der Cyano­typie keine Rolle spielen; umso mehr aber für all jene, die Freude am Experi­mentieren ohne große Material­schlachten und an der Schönheit des Einfachen haben.

Postscriptum, apropos Material­schlacht: Ich hatte das huschhusch mit der MFT-Normal­brennweite geknipste erste Foto des Buches schon im Artikel drin, als mir einfiel, dass ich das auch diesem Blog etwas ange­messener machen könnte. Und dann habe ich noch mal mit derselben Kamera, aber an den Balgen der Groß­formatigen adaptiert und mit deren Normal­objektiv vorn dran fotografiert: drei Quer­formate über­einander, perspek­tivisch zumindest ansatz­weise korrigiert und für jede Einzel­aufnahme auf denselben Punkt nach­fokussiert. Dann habe ich die Belich­tungen in Lightroom ange­glichen und in Affinity zu einem Panorama montiert. Hat insgesamt auch nur zehn Minuten gedauert (im Vergleich zu ca. anderthalb fürs erste Bild), aber viel mehr Spaß gemacht …

Makellos

Eine neue Postkarte ist im Werden:

Am Anfang war ein M, gefunden in der Sammlung einer Kollegin. Eine wunderschöne Holzletter, etwas angenagt, die mich sofort auf eine Idee brachte. Danke, Marlis, fürs Ausleihen!

Nachdem das M aus HKS 43 und etwas Deckweiß zu Papier gebracht war, kam der Rest des Wortes aus Silberdruckfarbe, getönt mit einer Winzigkeit Reichbleichgoldpaste. Die ersten 20 Stück habe ich aus der Signal gesetzt,

aber weil ich mir Skript-Type schnell übersehe, bin ich für den größeren Teil der Auflage auf Permanent Grotesk umgeschwenkt.

Und kurz bevor alles verdruckt war, fiel mir ein, dass ich ja eigentlich auch mal probieren könnte, so einen Druck per Video aufzuzeichnen. Hier ist der beste Versuch – so ungeschickt stelle ich mich nicht immer an, nur wenn die Kamera zuguckt …

Strichfilmentwicklung …

… macht Spaß, ist in einer so kleinen Werkstatt wie meiner aber kaum wirtschaftlich:

Alle paar Monate mal kommt es vor, dass ich einen oder zwei Strich­filme benötige – also spezielle Doku­menten­filme als Druck- oder Weiter­verarbeitungs­vorlagen, die außer dichtem Schwarz und Trans­parent keine Zwischen­töne enthalten. Das können je nach Prozess Negative sein (um davon ein Buchdruck-Klischee zu belichten) oder Positive, mit denen man ein Siebdruck-Sieb belichtet oder die für eine Radierung aufgerastert werden. Diese Filme (in meinem Fall Wephota FO5) belichte ich je nach Motiv entweder von Planfilm-Negativen oder von Folien aus dem Laser­drucker, in jedem Fall aber müssen sie, um ohne Über­belichtung tiefes Schwarz zu erzielen, mit einem speziellen Hoch­kontrast-Entwickler verarbeitet werden (ich verwende Rollei RHC).

Leider nun reagieren Strich­filme ausge­sprochen empfindlich, wenn der Entwickler zu alt ist: Selbst wenn ich die Entwicklungs­zeit verdopple, muss ich den Film vorher so lange belichten, dass die eigentlich trans­parenten Partien beginnen, Zeichnung zu zeigen, derweil die Tiefen immer noch bloß dunkelgrau bleiben. Und blöderweise ist der Hoch­kontrast-Entwickler auch kein One-Shot für Verdünnungen um 1:100 wie mein Standard-Film­entwickler Rodinal, sondern muss in ca. 1:4 als Arbeits­lösung ange­setzt werden, die dann halt innerhalb tunlichst weniger Tage ausge­nutzt werden sollte. Da geht also ordentlich was weg, zumal der RHC auch kein ganz billiges Vergnügen ist.

Und deshalb würde ich jedem, der nicht mehrere Strichfilm-Vorlagen pro Woche verar­beiten möchte, dringend empfehlen, von der Selbst­verarbeitung Abstand zu nehmen, und sei die Dunkel­kammer noch so gut ausge­stattet. Heute habe ich mal durch­gerechnet, was mich die Sieb­belichtung für mein nächstes T-Shirt-Motiv (siehe unten) gekostet hat, und bin letzt­lich, weil ich aus dem nicht sehr dicht arbei­tenden Laser zuerst ein Positiv drucken musste, das dann doppelt umzu­kopieren war, auf mehr als 10 Euro Material­kosten gekommen. Wenn ich die Vorlage­datei – hier eine Illustrator-Grafik auf Basis einer Fotografie meiner ältesten Kamera, in anderen Fällen könnte es auch eine bereits aufge­rasterte Negativ-Repro sein – direkt an den Belichter meines Vertrauens geschickt hätte, hätte ich zwar ein paar Tage Warte­zeit gehabt, wäre aber kostenmäßig bei der Hälfte rausgekommen.

Und letztlich ist so was ja auch eine Umweltfrage: Wenn ich mehrere Bogen Strichfilm nur für Belichtungs­proben und als Zwischen­negative benötige, ist das vor allem einschließ­lich Chemi­kalien­verbrauch einfach nicht mehr sehr ökologisch. Das ist ja eine Sache, über die ich, obwohl quasi schon immer „herzens-grün“, auch erst neuer­dings nachdenke: Welche Prozesse forciere, welche reduziere ich sinn­voller­weise, um den ökolo­gischen Fuß­abdruck meiner beschei­denen Werkstatt einiger­maßen tole­rierbar zu halten?

Die Sache mit dem Altglas

In den letzten Wochen und Monaten habe ich mich mehr, als mir lieb ist, mit Computer­dingen beschäftigen müssen – wodurch unter anderem die Werkstatt ziemlich brach lag (und noch liegt). Manchmal hat das Digitale dann aber doch Schnitt­mengen oder zumindest Berührungs­punkte mit dem Analogen: zum Beispiel, wenn man aus gegebenem Anlass ausprobiert, welche optische Leistung alte bis historische Objektive beim Adaptieren an moderne Digital­kameras zeigen.


Konkret habe ich ein gutes Dutzend meiner Analog-Objektive einmal systematisch an einer Micro-Four-Thirds-System­kamera durch­getestet, auch im Vergleich mit einigen Original-MFT-Objektiven. Hier ist eine Übersicht der Ergebnisse (PDF, 3 Seiten, ca. 7,5MB wg. hoher Auflösung der Bildausschnitte).

Negative digitalisieren

Am liebsten würde ich ja aufs Digitalisieren verzichten und meine Negative ausschließlich mit Dunkel­kammer-Methoden verarbeiten, aber das wäre weder wirt­schaftlich noch vom Zeit­aufwand her vertretbar. Und da mein Scanner, obzwar kaum 20 Jahre alt, seit einigen Monaten zunehmend unzuver­lässig arbeitet (pffft, Elek­tronik …), habe ich in letzter Zeit mein Setup zum Abfoto­grafieren mit der DSLR optimiert: (mehr …)