Während nach längerer Zeit gerade mal wieder ein paar Bogen mit Cyanotypie-Lösung in der Sonne liegen (zu irgendwas muss dieses Mistwetter doch gut sein) und ich hoffe, über den Sommer auch wieder mehr Zeit für den Werkstattbetrieb zu finden, kommt hier erst noch mal ein Sammeleintrag zu unterschiedlichen Basteleien für meine Fotografie.
Was mich dabei antreibt, ist ja die Kombination aus dem Wunsch, meine teils über hundert Jahre alten Kameras und Ausrüstungsgegenstände sinnvoll weiterhin zu benutzen, und dem Hinarbeiten auf eine gewisse Hybridisierung, nämlich die Verbindung analoger und digitaler Aufzeichnungsverfahren. Denn auch wenn die digitale Fotografie nebst Weiterverarbeitung weder im Prozess noch im Ergebnis den Charme der traditionellen Technik erreicht, können wir anno 2021 einfach nicht mehr die Augen davor verschließen, dass viele der konventionellen Verfahren ökologisch enorm problematisch sind. Und leider ist es oftmals so, dass sie umso heikler sind, je künstlerischer das Procedere – siehe das zwar faszinierende, aber immens chemikalien-intensive Lith-Printing (das ich, mit großem Bedauern, in meiner Dunkelkammer mit Sicherheit nicht praktizieren werde) oder meine verschiedentlich geübten Ansätze, Druckvorlagen für Fotoradierungen zu erstellen. (Und ganz ähnlich verhält es sich ja mit anderen Gewerken, die hier im Blog Thema sind. Wer etwa wollte noch intensiv im täglichen Geschäft mit giftigem Bleisatz arbeiten?)
Aber gut, zum Konstruktiven:
1. Trioplan 1:4,5/10cm auf Platine für die Eigenbau-Fachkamera
Die Bilder dürften schon fast alles erklären … Der Verschluss dieses für 6×9 gerechneten Objektivs hakelt und ist nur noch in B- und T-Stellung sinnvoll nutzbar, daher habe ich es aus seiner Original-Kamera aus- und mit einfacher manueller Holzarbeit für meine Eigenbau-Fachkamera umgebaut. Erste Ergebnisse mit dieser Kombination gab es übrigens neulich in meinem Pixeleien-Blog.
2.a Rhinocam Shift-Adapter in der Chamonix
Als ich einen Adapter von Hasselblad V auf Nikon F (also ein Bauteil, das ein Spiegelreflex-Bajonett in zwei Achsen um jeweils mehrere Zentimeter verschiebbar macht, um den Bildkreis von Mittelformat-Objektiven auszunutzen) vor einigen Monaten als Auslaufmodell für einen Bruchteil des Listenpreises sah, konnte ich doch nicht mehr widerstehen. Allerdings habe ich nach ersten Tests gleich mit Basteln angefangen, weil mir der Originalzustand zu wenig universell vorkam. Konkret habe ich die sperrige Mattscheibe ebenso entfernt wie die etwas zweifelhafte Stativaufnahme, um den gesamten Adapter im Rückteil meiner faltbaren Chamonix 45F-2 verwenden zu können.
Nominell hätte das direkt klappen sollen, aber faktisch musste das Rhinocam noch einen Zentimeter höher und ca. 6mm dicker werden, um sich statt der Mattscheibe in die 4×5 einsetzen zu lassen. Der zweite Prototyp aus mehreren Lagen Buchbinderkarton (der erste war etwas wackelig) funktionierte dann zu meiner vollen Zufriedenheit. Das ließe sich mglw. mit 3D-Druck noch eleganter lösen, aber dann ist es ja kein H4ndw3rk mehr 🙂 Nun waren außer den Hasselblad-Optiken (dazu müssen Balgen und Frontstandarte der Chamonix ganz weggelassen werden) auch alle Normal- und längerbrennweitigen Großformat-Objektive (im Nahbereich auch die kurzen) mit rückwärtiger Verstellung nutzbar; unter optimalen Bedingungen wird damit ein Bildfeld von ca. 60×75 Millimeter abgedeckt, ohne das Objektiv bewegen zu müssen; addiert man dazu noch die üppigen Verstellwege der Frontstandarte (was bei den meisten Motiven ja auch wenig problematisch ist), dann lassen sich digital sogar mehr als die analog nutzbaren 4×5 Zoll / 10×12,5 Zentimeter ausleuchten und per EBV zu riesigen Bildern montieren. (Erste Ergebnisse unter anderem hier und hier.)
2.b Hasselblad-Bajonett in die Cambo einbauen
Nun war der Hasselblad-Bajonettadapter noch im Rhinocam eingebaut und im Prinzip immer im Weg, wenn ich andere Optiken in der Chamonix verwendet habe. Er war dort aber nur mit vier Schrauben befestigt, und dann dachte ich mir irgendwann, den könnte ich eigentlich auch in meine ohnehin brach liegende versenkte Cambo-Platine einschrauben. Das irre schwere Distagon ist in der robusten optischen Bank sowieso besser aufgehoben als in der vergleichsweise filigranen Holzkamera. Und wenn man keine Angst davor hat, Dinge notfalls kaputt zu machen, um ihre Nutzbarkeit zu erweitern, dann kommt so etwas heraus:
Ergebnis: Auch meine beiden Blad-Optiken sind bei digitaler Verwendung jetzt zur Schärfedehnung schwenkbar, erster Test hier.
3. Einfacher Digital-Adapter für kurze Brennweiten an der Chamonix
Kleiner Nachteil des Umstands, dass das Rhinocam für Nikon F gerechnet ist: Da sind bei Anschluss einer Spiegellosen drei bis vier unnötige Zentimeter Bautiefe drin, die die Verwendung kurzer Brennweiten im Fernbereich ausschließen. Wenn ich also mit Verschieben der Frontstandarte hinkomme, dann kann ich eine DSLM auch mit deutlich weniger Auszug montieren. Und zwar so:
Auch dieser Adapter ist mehrlagig aus Buchbinderkarton gefertigt und nimmt die 96×99-Platinen auf (im Außenmaß ist das die klassische Technika-Norm), die ich auch für Front- und Rückteil meiner DIY-Fachkamera vorgesehen habe. Für die mattschwarze Farbe gibt es Graffiti-Spray, und erste Bilder mit dieser Kombi gibt es noch nicht heute hier.
Lieber Christian,
das nennt man aber einen aufwendigen Adapterbau … Da bin ich ja regelrecht quick and dirty beim Adaptieren im Vergleich zu Dir …
LG Bernhard
Nu, es ist aber auch ein Unterschied, ob du einen billigen, leichten Zwei- oder Dreilinser an die Kamera hängst und beides dann in den Händen hältst oder ob das gesamte Kameragehäuse an dem Adapter hängen soll …
ich bin hier aussen vor – das ist mir zu komplex. ich benutze die dinge lieber in ihrem ursprungszustand – aber dann auch möglichst vielfältig kombiniert!
spannend zu sehen ist es aber allemal und handwerklich spass machen würde es mir wohl auch…