So schön die analoge Fotografie in großen Aufnahmeformaten ist, spätestens beim Wunsch nach Farbe hört der Spaß auf: Für einen Diafilm mit Entwicklung im kleinen Großformat 4×5 Zoll zahlt man anno 2020 ca. zehn bis 15 Euro – pro Aufnahme. Grund genug für mich zu überlegen, wie ich eine Digitalkamera sinnvoll an meine Fachkamera adaptieren kann, um mittels deren Verstellbarkeit überlappende Aufnahmeserien bei möglichst gleichbleibender Perspektive machen zu können, die anschließend im Bildbearbeitungsprogramm mit der Panorama-Funktion zu einem großen Bild zusammengesetzt werden. Und beim Überlegen ist es natürlich nicht geblieben …

Pinhole 80mm Cambo digital
Einer meiner ersten Versuche in dieser Richtung: mein Beitrag zum Pinholeday 2020, zusammengefügt aus 54 Einzelaufnahmen

Meine Aufnahme zum Lochkameratag 2020 war damals noch ziemlich improvisiert, inzwischen ist die Konstruktion etwas ausgereifter geworden. Ich zeige euch mal, wie ich’s gemacht habe:

Cambolympus von oben
Cambo SC-2 mit 150er Nikkor und einer Olympus OM-D E-M5 II statt Filmkassette

Basis des Ganzen ist die klassische Einsteiger-Großformatkamera Cambo SC, die für Hobbyistenzwecke diverse Vorteile hat: Sie ist auf dem Gebrauchtmarkt extrem häufig und preisgünstig zu finden, und sie ist clever und simpel modular aufgebaut, was das Basteln enorm erleichtert (siehe auch Zwei Ideen zum Fachkamera-Tuning; die Modellreihen SC und SC-2 sind ebenfalls untereinander weitestgehend kompatibel bzw. kombinierbar).
Zum Beispiel sind Front- und 4×5-Zoll-Rückstandarte symmetrisch konstruiert, alle Aussparungen für Balgen, Objektivplatine und Mattscheibenrückteil sind identisch. Man kann also statt der Mattscheibe eine weitere Objektivplatine einsetzen, an die mit wenig Aufwand eine Digitalkamera adaptiert wird. Und zwar mit einem Adapter oder Zwischenring, dessen Länge sich unmittelbar aus der Tiefe des Handgriffs der verwendeten Digitalkamera ergibt. Bei meiner Olympus E-M5 (einer Kamera ohne nennenswerte Griffmulde) reicht ein Billigadapter auf Leica-M-Bajonett, der das Auflagemaß um gerade mal 8mm verlängert; die meisten DSLM- und DSLR-Typen dürften 20 oder noch mehr Millimeter als Distanzstück benötigen – das sollte kein grundsätzliches Problem sein, man braucht nur nachher im Fernbereich eine entsprechend längere Mindestbrennweite. So sieht das bei mir aus:

Adaptermontage auf dem Lensboard
Zum Ausprobieren würde ich erst mal mit Fotoknete platzieren, die hält in ausreichender Dosierung auch eine leichte Kamera; für die dauerhafte Verbindung bietet sich Montagekleber an
Lensboard mit Adapter von hinten
Der Durchmesser der Objektivbohrung sollte zum Adapter passen: Leica M harmoniert freundlicherweise perfekt mit einer Copal-1-Platine oder ca. 42mm
Abdichten mit Fotoknete
Nur noch für die allerletzte Lichtdichtheit kommt außenrum ein dünner Ring Fotoknete

Weil die Sensorebene gegenüber der normalen Mattscheibe / Filmkassette ein paar Zentimeter nach hinten wandert, verwende ich die Rückstandarte der Cambo sozusagen falsch herum, damit auch bei kurzen Balgenauszügen genug Beweglichkeit gegeben ist. Um trotzdem noch zur Bildgestaltung die Mattscheibe verwenden zu können, zumindest in Hochformat-Ausrichtung, ist ein kleiner Trick nötig:

Der Hebel zum Aufklappen des Rückteils ist demontierbar
Es ist nur eine Schraube zu lösen, dann ist der Hebel ab. Keine Sorge, das ist reversibel 🙂

Tatsächlich ist die Mattscheibe für dieses Setup im Hochformat sowieso nützlicher, denn wie man im folgenden Bild erahnen kann, entspricht das eher den Verstellwegen an der kameraseitigen Standarte:

Rückansicht der Cambolympus
Horizontal erlaubt die SC-2 25mm Shift in jede Richtung, also zusammen 50mm; in der Vertikalen sind insgesamt 125mm Verstellweg gegeben.

Und nun kann geshiftet und gesticht werden, oder sinngemäß auf Deutsch: parallelverschoben und überlagert. Wie weit ich jeweils verschieben muss, sehe ich ja auf dem Kamerabildschirm. Sinnvoll sind ca. 50 Prozent Bildüberlappung, damit die Software genug Ansatzpunkte findet; ich mache in der Regel einen horizontalen Durchgang à 7–9 Aufnahmen und schiebe dann in der Vertikalen ein paar Millimeter weiter.

Wenn ich das Objektiv unverstellt lasse und nur die Rückstandarte verstelle, komme ich auf eine theoretische Bildfläche von 67mm x 138mm (17mm Sensorbreite plus 50mm horizontaler Shift / 13mm Sensorhöhe plus 125mm vertikaler Shift). In der Praxis sind diese Maße zwar nicht voll ausnutzbar, weil man Panoramen wohl nie so präzise einstellen kann und in der Bildbearbeitung meist ein bisschen Beschnitt wegfällt; aber effektiv bis zu 6x12cm netto sind drin, und da kommen schnell mehrere hundert Megapixel für eine Aufnahme zusammen. Wenn das mal nicht digitales Großformat ist … 😉

Und wenn ich aber lieber ein riesiges Querformat haben möchte? Zwei Möglichkeiten: Erstens kann man noch die Verstellwege der Frontstandarte addieren, dann kommt man auch in der Breite auf fast 120mm (durch die Bewegung der Objektiv- statt der Filmebene ergibt sich eine gewisse perspektivische Abweichung zum Rest der Bilder, die die meisten Panorama-Programme aber kompensieren können); und zweitens kann man bei einem hinreichend stabilen Stativ (und ungleichmäßigem Beinauszug zur Schwerpunktverlagerung) auch einfach die Kamera aus der Bankhalterung nehmen und dank des quadratischen Grundrohr-Querschnitts um 90 Grad gekippt wieder einsetzen. Die zweite Variante würde ich allerdings nur für Aufnahmen bei gutem Licht und mit entsprechend kurzen Verschlusszeiten empfehlen. Und generell ist ein Kabelauslöser nebst ggfs. Vibrationsunterdrückung im Kamera-Verschluss bei solchen Aufbauten sinnvoll.

Obwohl die Cambo SC bauartbedingt keine optimale Weitwinkelkamera ist: Durch die oben beschriebenen Umbauten kann ich mit der Digitalen sogar das 65er im Fernbereich sinnvoll nutzen (das in der 4×5-Zoll-Welt etwa einem Kleinbild-18er entspricht), während mit der Filmkassette schon beim 90er (25mm KB) Schluss mit lustig ist.

***

Digitaladapter an der Chamonix C45F-2
Bonusbild: Dank etwas aufwendigerer Metallbearbeitung ist inzwischen auch meine unangefochtene Lieblingskamera, die Chamonix C45F-2, digitaltauglich. Aber das würde jetzt wirklich den Rahmen sprengen …
DIY: Analoge Fachkamera digitalisieren

5 Gedanken zu „DIY: Analoge Fachkamera digitalisieren

  • 22. Oktober 2020 um 14:08 Uhr
    Permalink

    jetzt verstehe ich warum du nicht aus der werkstatt kommst 🙂

    Antwort
  • 22. Oktober 2020 um 14:28 Uhr
    Permalink

    Lieber Christian,

    ich fange an wie eine Katze um den heißen Brei rumzuschleichen 🙂

    Also, wenn ich mich mal in diese Richtung bewegen sollte, Du bist der Auslöser dafür 🙂 🙂

    LG Bernhard

    Antwort
  • Pingback:DIY: Kleine Fachkamera selbst bauen – h4ndw3rk

  • 3. Februar 2021 um 13:12 Uhr
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    Hallo Christian,
    ich möchte dich auf die 4×5 Adapter von Rhinocam aufmerksam machen. Die benutze ich schon länger an 4×5. Und einen anderen Adapter von Rhinocam zur Verwendung von MF Objektiven. In beiden Fällen bieten die Adapter eine x-y Verschiebung für überlappende Einzelaufnahmen, die Bilder lassen sich natürlich perfekt stitchen, da sie aus dem gleichen Bildkreis kommen. Bei 4×5 erreiche ich so 200 MP und mehr.
    Beispiele findest du unter dem link der Webseite

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    • 3. Februar 2021 um 18:03 Uhr
      Permalink

      Moin Dierk, diese Rhinocam-Sache hatte ich tatsächlich vor ein, zwei Jahren schon mal in deinem Flickr-Stream gesehen. Allerdings hätte ich, selbst wenn für so was in meinem Budget Luft wäre, Hemmungen, die dafür aufgerufenen Preise zu zahlen – ich finde es für das, was es ist, einfach unverhältnismäßig teuer. Eine ganz ähnliche Funktionalität müsste ich im Prinzip auch selbst basteln können, wenn nicht mit Holz und Blech, dann mit einem 3D-Drucker …

      Antwort

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