Makellos

Eine neue Postkarte ist im Werden:

Am Anfang war ein M, gefunden in der Sammlung einer Kollegin. Eine wunderschöne Holzletter, etwas angenagt, die mich sofort auf eine Idee brachte. Danke, Marlis, fürs Ausleihen!

Nachdem das M aus HKS 43 und etwas Deckweiß zu Papier gebracht war, kam der Rest des Wortes aus Silberdruckfarbe, getönt mit einer Winzigkeit Reichbleichgoldpaste. Die ersten 20 Stück habe ich aus der Signal gesetzt,

aber weil ich mir Skript-Type schnell übersehe, bin ich für den größeren Teil der Auflage auf Permanent Grotesk umgeschwenkt.

Und kurz bevor alles verdruckt war, fiel mir ein, dass ich ja eigentlich auch mal probieren könnte, so einen Druck per Video aufzuzeichnen. Hier ist der beste Versuch – so ungeschickt stelle ich mich nicht immer an, nur wenn die Kamera zuguckt …

Verheißungs­volles Fotodruck­verfahren

Ich komme der Sache näher …

Die wesent­liche Änderung gegen­über dem vorigen Mal ist, dass hier die Träger­platte keine vorkonfektio­nierte Nyloprint- bzw. Flexo­platte ist, sondern eine nackiche Polystyrol-Bastelplatte, auf die ich recht­zeitig vor der Belichtung eine UV-empfind­liche Folie laminiert habe. Diese wird nach dem Aufbe­lichten des geras­terten Positivs in Natron­lauge „entwickelt“, mit Essig fixiert und unter erneuter UV-Einstrah­lung gehärtet. Die später druckenden Bereiche sind anschließend vertieft in die Folien­ober­fläche der Platte einge­arbeitet. Ganz ähnlich wie bei einer klassisch geätzten Kupfer- oder Zink-Tiefdruck­platte also, nur ohne die scharfe Säure – weshalb man dieses Verfahren im englischen Sprach­raum als Non-Toxic Intaglio Print­making kennt.

Auf Deutsch lässt sich auch was darüber finden, vor allem auf der sehens­werten Website von Martin Sander. Dem dort unter Technik beschrie­benen Procedere ungefähr folgend, ist das oben gezeigte Bild also meine erste „ungiftige Foto­radierung“ in diesem Sinne. Nur das Positiv habe ich natür­lich nicht mit dem Tinten­strahler gemacht (so was habe ich gar nicht*), sondern konven­tionell in der Dunkel­kammer: Das 9×12-Negativ habe ich auf einen A4-Bogen Strich­film vergrößert und dabei im Kontakt ein 133er Raster mitbelichtet. Meine Version des Prozesses ist also bis zum End­ergebnis 100% analog.

Die Mehr­farbigkeit erzeuge ich in diesem Fall beim Färben der Druck­form, es ist also nur ein Durch­gang durch die Presse nötig. Auf diese Weise entstehen zwangs­läufig Unikate: Von bisher acht Drucken von dieser Platte sehen keine zwei auch nur ähnlich aus.

* wozu auch – lohnt sich einfach nicht, wenn man ihn nicht permanent in Betrieb hat. Für gelegent­lichen Bedarf ist man besser dran, die Drucke bei einem neuzeit­lichen Fotolabor in Auftrag zu geben.

Rillen und Falzen: quick, not dirty

Wer wie ich nur gelegentlich mal Klappkarten produziert, der braucht keine Rill- und Nutmaschine, die nicht bloß Geld kostet, sondern auch ziemlich viel Platz in der winzigen Werkstatt beansprucht. Und für eine kleine Auflage lohnt es sich auch nicht, aufwendig den Bostontiegel umzurüsten (vor Weihnachten mach’ ich das schon mal …).

Daher ziehe ich bei Bedarf meine Falzrillen mit diesem hübschen Setup:

Auf dem Werkstattwagen (in Wirklichkeit ein hölzerner Servierwagen, dessen Arbeitsplatte ich mit Stahlblech überzogen habe) werden zwei dünne Bleche mit einer millimeterbreiten Fuge fixiert, in geeignetem Abstand dahinter platziere ich mit Hilfe zweier Setzmagnete einen Winkelanschlag.


Dann muss ich nur noch eine Karte (hier ausnahmsweise eine digital gedruckte) auflegen und mit dem Falzbein einmal mit viel Druck der Rille folgen.


Das Rillen selbst dauert ein paar Sekunden länger je Karte als mit schwerem Spezialgerät, aber der Aufbau ist schnell eingerichtet und ebenso flott wieder weggeräumt. Und ein 300g-Karton falzt sich mit dieser Vorarbeit erheblich sauberer als frei Hand.

Fortschritte beim Fotodruck

Im Prinzip ist es also mit meinen Bord­mitteln möglich, eine Radierung nach einer aufge­rasterten Foto­vorlage anzu­fertigen:

Dies ist mein aller­erster leidlich erfolg­reicher Versuch, ich habe dabei (weil ich so aufge­regt war, als ich merkte, so könnte es klappen) die einzelnen Arbeits­schritte nicht foto­grafisch doku­mentiert; das kommt dann nächstes Mal. Hier zumindest eine unge­fähre Beschrei­bung des Ablaufs:
Ausgangs­punkt ist ein 9×12-Motiv, das ich in meiner Werk­statt auf 100-ASA-SW-Film aufge­nommen habe und das nach normaler Verar­beitung etwa so aussieht:


Das Negativ habe ich zusammen mit einem Raster­film (133er) im Kontakt auf ein gleich großes Blatt Strich­film kopiert und diesen in Hoch­kontrast-Chemie entwickelt.
Das resul­tierende aufge­rasterte Positiv habe ich unter UV-Licht auf ein Stück Photo-Polymer (vulgo Nyloprint) belichtet und diese Platte nur sehr kurz ausge­waschen. (Die dunkelsten Passagen des Motivs sind trotzdem komplett wegge­waschen und konnten deshalb im Tiefdruck keine Farbe mehr über­tragen. Das sieht man überall da, wo dunkle Partien plötz­lich ins Weiß brechen.)
Und nach dem Aushärten des Polymers habe ich es behan­delt wie eine konventio­nelle Tiefdruck­platte – also Farbe einreiben, Ober­fläche blank wischen und dann per Radier­presse auf gefeuch­tetes Bütten­papier übertragen. Resultat siehe oben.

Wie so oft hier: Verbesserungs­potenzial ist im Übermaß vorhanden. Aber die Technik funktio­niert grund­sätzlich, und ich habe zumin­dest eine Idee, an welchen Stell­schrauben ich nach­regeln muss, um die Sache zu opti­mieren.

Experimente zum Fotodruck


Ginge es in der Fotografie nur um technische Qualität bei Schärfe und Tonwert­wiedergabe, dann wäre die Sache klar: Man fotografierte digital und gäbe die Bilder über einen hochwertigen Tintenstrahl­drucker aus. Nun ist es zwar auch denkbar, die dabei mögliche Perfektion auch mit analogen Reproduktions­verfahren anzustreben – einige Kollegen machen da wirklich erstaunliche Dinge. Meine eigene Heran­gehensweise beim Drucken von Fotos ist derzeit eine andere:

Für die Abbildung oben habe ich ein 9×12-Schwarzweiß­negativ drei Mal mit unter­schiedlichen Belichtungen auf Strichfilm umkontaktet und von diesen harten Positiven wiederum Kontakt­kopien gemacht. Damit hatte ich drei Negative in Strich­umsetzung – entsprechend ungefähr dem, was passiert, wenn man in der Bildbearbeitung in Schwarz und Weiß trennt und dabei jeweils den Schwellwert­regler verstellt.

Von diesen Negativen habe ich Klischees gemacht, so dass ich letztlich drei Druckformen hatte, die ich dann (nicht sonderlich passgenau) dreifarbig, wie einen Holzschnitt in verlorener Form, übereinander gedruckt habe.

***

Insgesamt eine interessante Sache, aber wenn man schon einen halben Zentner sperrige Foto­ausrüstung durch die Landschaft schleppt, möchte man nicht immer nur Volltöne drucken. Im Buchdruck hätte man natürlich die Möglichkeit, ein Raster mit zu repro­duzieren (das Stichwort hier ist Autotypie), aber bei extrem feinen Auflösungen komme ich mit meinem manuellen Auswaschen der Klischees schnell an die Grenzen des Handhab­baren.

An dieser Stelle kommt naturgemäß der Tiefdruck ins Spiel mit seinen Optionen, ein Quasi-Raster über die Aquatinta-Technik und Tonwert­unterschiede durch abgestufte Ätzzeiten zu realisieren. Das Einzige, was dagegen spricht, in nächster Zeit auch mal damit zu experi­mentieren, ist der Umstand, dass ich keine Tiefdruck­presse besitze. Aber improvisations­freudige Leute finden für solche Probleme im Internet schnell eine Lösung; und wie erste Tests mit einer raschen Kaltnadel­radierung zeigen, ist die Pastamaschine für diesen Zweck durchaus brauchbar.

Für Großformate ist das zwar nüscht, aber zumindest eine 6×9-Vorlage sollte mit reichlich Weißraum durchpassen. Zudem sind hier natürlich wieder andere Techniken gefragt, mittels derer das fotografische Bild auf die Druckplatte gelangt … zu diesem Themenkomplex wird in nächster Zeit voraussichtlich einiges zu berichten sein. Der Winter wird jedenfalls nicht langweilig!

Unboxing Bleilettern

Frisch gegossene Lettern sieht man nicht mehr allzu häufig – meines Wissens gibt es heute außer Gerstenberg in Frankfurt gar keine noch prakti­zierende kommer­zielle Schrift­gießerei mehr in Deutschland. Allerdings habe ich in einer meiner Setzgassen noch ein paar Päckchen kleinerer Lettern vom VEB Typoart Dresden gefunden, unter anderem ein Minimum halbfette Super Buchgrotesk in 12p:

Die Schrift von Arno Drescher aus den 1930er Jahren gilt als die meist verwendete Schriftart der DDR. Ich mag sie ganz gern, sie ist klar und schnörkel­los. Schöne Ligaturen sind dabei, die wichtigen Sonder­zeichen sind komplett – damit lässt sich arbeiten. Auch im real buchsta­bierenden Sozialismus ist übrigens das kleine e mit Abstand am häufigsten vertreten – Logisch, allein in DDR sind ja schon fünf drin …
Da ich noch eine Schublade frei hatte, habe ich die Buch­grotesk jetzt ausgepackt und in Betrieb genommen. Und zwischendurch immer mal geknipst – ist ja auch was fürs Auge, so ein frisches Sortiment:

CAB

… steht hier spaßeshalber für Computer Aided Bleisetzing – was man heute halt so tut, wenn man eine unbeschriftete Schublade mit einer 20p-Antiqua in der Setzgasse hat, die man an keiner der „üblichen Verdächtigen“ sicher erkennt:

Dann geht man z.B. zu identifont und klickt sich in einem guten Dutzend Fragen durch die Charakteristika. Manchmal (wenn man z.B. irgendwelche 20er-Jahre-Bastardschnitte oder DDR-Bestände hat) findet man nichts, meist findet man eine Auswahl aus zwei oder drei Möglichkeiten, und wenn man Glück hat – so wie hier –, dann ist die Schriftart nach wenigen Minuten eindeutig als Fournier identifiziert – eine charmante Alternative zur Bodoni, mit der ich sie am Anfang fast verwechselt hätte, aber vor allem die Proportionen sind doch deutlich andere.