13×18 im Zauberwald

Scans vom Negativ – zwei davon habe ich in der Schale entwickelt, die anderen beiden per Standentwicklung in der Dose. Den Negativen sehe ich keinen nennenswerten Unterschied an, und diesmal sind vor allem auch keine Schlieren drauf. Geht also jetzt beides, je nachdem, wie viel Lust auf Abenteuer ich habe …

Gut, die verstellbare Großformatkamera erlaubt, wie man sieht, noch eine Menge mehr Fehler, aber die muss ich wohl alle einmal durchprobieren.

Zwei Ideen zum Fachkamera-Tuning

Wer zum Fotografieren in die Natur geht und dabei Planfilme belichten will, der verwendet normalerweise eine Laufbodenkamera wegen ihres günstigen Packmaßes. Mein „richtiges“ Großformat-System (neben der antiken hölzernen Schönheit) ist allerdings aus diversen Gründen eine optische Bank; und weil ich die nicht immer komplett zerlegen möchte, um sie in einen Rucksack packen zu können, habe ich mir was ausgedacht:

Das Problem der Cambo SC ist, dass sie selbst bei Montage auf dem kurzen Grundrohr in allen drei Dimensionen mindestens 30 cm misst und einen entsprechend großen Koffer braucht. Da solche Grundrohre aber zu teuer sind, um sie zu zersägen, habe ich mal nachgemessen: Der quadratische Querschnitt hat eine Seitenlänge von exakt einem Zoll, also 25,4 mm. Nun bekommt man in D bei jedem einschlägigen Metallbetrieb Vierkant-Aluminium 25×25 mm im Zuschnitt für kleine einstellige Eurobeträge; davon habe ich mir zwei Stücke in 16 cm Länge zuschneiden lassen und noch Endstopfen mitbestellt.

Zum Einpacken der Kamera schiebe ich beide Standarten nacheinander vom Grundrohr herunter und aufs neue drauf, der Balgen muss dabei nicht demontiert werden; den Bankhalter setze ich 90° versetzt auf, dann lässt sich alles noch näher zusammenschieben:

Jetzt ist das Ganze, flach hingelegt, selbst mit angesetztem 90er Weitwinkel nur noch knapp 20 cm hoch und passt in den Fotorucksack, ein paar Kassetten und der Belichtungsmesser noch daneben. Wenn man nicht in den Makrobereich will, reicht fürs 90er das Transport-Rohr sogar für den Auszug, man muss das größere Rohr dann gar nicht mitnehmen. (Die Standarten sitzen auch auf dem neuen Alurohr ziemlich straff, man muss nur ein bisschen beim Fokussieren aufpassen, weil ja die Sperrknöpfe am Ende fehlen.) Und schon hat der Terminus Mit kleiner Ausrüstung unterwegs sein ganz neue Bedeutung …

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Das andere Ende des Spektrums ist erreicht, wenn man mit sehr langen Brennweiten und/oder im extremen Nahbereich arbeiten möchte; dann ist auch das 54er Grundrohr nicht lang genug. Aber beim Metallbauer gibt es ja auch 30x30er Vierkantrohre mit 2 mm Wandstärke, da passt ein zölliges Grundrohr prima rein – man erkennt die Idee schon:

Hier habe ich auf gegenüberliegenden Seiten (um nicht zwei Stresspunkte direkt nebeneinander im Material zu haben) leicht versetzt je ein Loch für den Sperrknopf gebohrt und habe jetzt einen hinreichend soliden Verbinder.

Dann muss man nur noch eine 9×12-Konfiguration ohne Mattscheibenrückteil

mit einem 13×18-Aufbau ohne Objektivplatine kombinieren (nicht vergessen, je ein Stativ unter jede Hälfte zu packen …),

und schon hat man eine Kamera, neben der all die Superteles hinterm Fußballtor ziemlich mickrig aussehen:

Wenn man beispielsweise bei diesem Setup ein 600mm-Reproobjektiv montiert,

kommt man mit balgenschonendem Gesamtauszug von „nur“ 90 cm auf einen Abbildungsmaßstab von 1:2 bei einer Gegenstandsweite (lichter Abstand vom Motiv zum Objektiv, vereinfacht gesagt) von 1,8 Metern. Theoretisch traumhafte Werte für die Libellenfotografie – gäbe es da nicht beim Arbeiten mit der Fachkamera das eine oder andere Tempo-Handicap …

Reale Relativität

Wer daran zweifelt, dass Zeit dehnbar ist, der sollte einmal einen Schwarz­weißfilm in der Schale entwickeln …

Normaler­weise habe ich ja meinen Standard­prozess für die Film­entwicklung, aber für die größeren Planfilme ab 5×7 Zoll war ich damit noch nicht recht glücklich. Denn anders als für 4×5 Zoll habe ich hier keine geeig­nete Spule und bin daher im Tages­lichttank auf die sog. Taco-Entwicklung angewiesen. (Die geht so: Planfilm aufrollen, Gummiring drum, rin in die große Dose, vier Stück passen neben­einander rein.) Weil aber auch Stand- und Semistand­entwicklung nicht ohne einiges Kippen auskommen, löst sich gelegentlich mal eine Taco-Rolle, und das Ergebnis sind üble Kratzer bis hin zur Unbenutzbarkeit. Da ich gerade zwei Dutzend 5x7er zu entwickeln hatte, habe ich jetzt was anderes probiert: Einzelblatt-Entwicklung* in der Schale.

Weil nun aber Schwarzweiß­filme (zumindest die panchro­matischen, also alle „normalen“) anders als Fotopapier übers ganze Spektrum empfindlich sind, muss der gesamte Prozess vom Entnehmen aus der Kassette bis mindestens zum Fixierbad in absoluter Dunkel­heit stattfinden.

Man platziert also alles, was man braucht, griff­bereit, klemmt sich einen Timer, dessen Funktionen man blind steuern kann, an die Schürze, befüllt die Schalen vom Vorwässern bis zum Fixierer (der Entwickler sollte für diesen Zweck natürlich kein One-Shot wie Rodinal sein – ich habe hier einen etwas stärker verdünnten Papierentwickler verwendet), legt die (vorne möglichst weichen) Zangen an immer dieselbe Stelle der Wannen und lernt auswendig, wie viele Schritte in welche Richtung es vom Arbeitstisch bis zum Wasserhahn sind, denn es wird nicht ausbleiben, dass öfters mal gründliches Hände­waschen angezeigt ist … Dann Licht aus und Nerven bewahren!

Auf diese Weise habe ich heute in einem Rutsch ein Dutzend Planfilme ohne nennens­werte Panne entwickelt (aber: siehe unten) – dafür war ich andert­halb Stunden lang im absoluten Dunkel, es hat sich allerdings angefühlt wie ein halber Tag. Dieselbe Zeitspanne auf die Internet-Recherche nach geeigneten Planfilm-Entwicklungs­methoden verwendet verstreicht gefühlter­maßen vier oder fünf Mal so schnell …

Aufnahmen mit der Holzkamera am Brodtener Ufer, in der Schale entwickelt. Keine Ahnung, woher dieser helle Schleier kommt …

Nachtrag, als auch das zweite Dutzend Filme entwickelt ist: Auch die Schale hat ihre Tücken. Ich habe insgesamt weniger Kratzer als mit der Taco-Methode, aber dafür vereinzelt schlierige Unregel­mäßigkeiten bei der Entwicklung. Nach ersten Recherchen tippe ich auf unzurei­chende Bewegung, obwohl ich genau darauf schon sorgfältig geachtet hatte. Nächstes Mal also beherzt Überschwappen riskieren – oder doch wieder wickeln zum Entwickeln …?

In dieser Form wohl kaum brauchbar – am ehesten noch für eine Cyanotypie auf raues Papier, aber sicher nicht für eine direkte Vergrößerung.

* man liest auch manchmal Anleitungen, in denen mehrere Blatt Film auf einmal in die Entwicklerschale kommen. Aber das ist mir unsympathisch – erstens kann man sich dann mit den Entwicklungszeiten leichter vertüdeln und zweitens steigt wieder das Kratzerrisiko.

Mehr Bilder aus dieser Aufnahmereihe gibt es hier.

Papiernegativ ist das neue Polaroid

Sofortbild feiert in den letzten Jahren zwar eine Renaissance, aber leider nur in Spielzeug­formaten. Wer noch ein Polaback für Großformat­rückteile hat, wird fürs Verbrauchs­material meist nur noch zu obszönen Preisen bei schwindeligen Internet-Quellen fündig. Wenn es nur um Schwarzweiß geht, gibt es allerdings eine Alternative fürs schnelle Bild: Man packt einfach Foto­papier in die Planfilm­kassette.

Das ist im Bildergebnis zwar nicht dasselbe (nicht mal ansatz­weise), aber es hat auch seinen Charme: Weil nämlich die Empfind­lichkeit von Fotopapier im einstelligen ISO-Bereich liegt und das Material – zumindest das festgradierte – üblicher­weise nicht für Rot sensi­bilisiert ist. Damit sind die Tonalität und die Belichtungs­zeiten ähnlich denen alter Glasplatten wie zu Urgroß­vaters Fotozeiten.

Ein so belichtetes Negativ kann man direkt nach der Aufnahme bei Rotlicht in die Entwickler-Wanne legen und ein paar Minuten später schon zum Trocknen aufhängen; und weil es (wenn man PE-„Papier“ benutzt) auch viel schneller trocknet als ein Planfilm, hat man im Nullkommanix ein weiter­verarbeit­bares Ergebnis in der Hand.

Zu beachten ist dabei lediglich, dass Fotopapier einen geringeren Kontrast­umfang wiedergeben kann als der klassische SW-Film; Landschaft bei Sonnen­schein mit schattigem Vorder­grund und Schäfchen­wolken auf Weitwinkel wird nix, da kannste noch so doll filtern. Aber bei geeigneten Bedin­gungen (trübes Licht, Fotostudio mit kontrol­lierbaren Kontrasten) lässt sich damit prima arbeiten. Und als Kollateral­nutzen kostet es auch nur den Bruchteil einer Aufnahme auf Planfilm.