Ausflecken


Im Zuge meiner Vorbereitungen auf die Mainzer Minipressen­messe arbeite ich derzeit auch den einen oder anderen SW-Print aus. Und zum sorgfältigen Vergrößern gehört natürlich auch das Ausflecken der weißen Stellen, die Staub­krümelchen im optischen System hinterlassen haben – ein eher abseitiges Hobby, das ich bereits seit Studenten­tagen pflege. (Damals habe ich im Fotokursus die Spot­retusche auch für ein paar Kommi­litonen übernommen.)

Ausflecken auf konven­tionellem Fotopapier ist ziemlich einfach: Man braucht bloß einen extrem feinen Pinsel (idealerweise Kolinsky-Rotmarderhaar, z.B. in Stärke 00), etwas geeignete Farbe (dazu gleich) sowie buchstäblich Geduld und Spucke. Denn am einfachsten geht die Arbeit tatsächlich, wenn man den Pinsel auf der Zunge anfeuchtet, etwas Farbe aufnimmt und dann am Rand des Abzugs so lange abstreicht, bis der Ton zur Umgebung des Fussels passt, den man wegtupfen möchte. Dann eben einen Punkt setzen, noch einen (nicht strichweise malen!), und wenn es mal zu dunkel ist, dann gleich Pinsel in den Mund, anfeuchten, Farbe wieder wegnehmen.

Für die Farbe gibt es mehrere Möglich­keiten: Ich habe das Retuschieren damals mit Eiweiß­lasurfarbe gelernt, die man per Pipette tröpfchenweise auf z.B. eine Glasplatte gibt, von wo man sie dann mit dem Pinsel aufnimmt. Heute nehme ich trockene Retusche­farbe, „Peerless Dry Spot“, die ist dick auf Pappe aufge­pinselt und nimmt weniger Platz in der ohnehin über­füllten Werkstatt ein als mehrere Glas­fläschchen – denn man braucht mehrere Töne, wenn man unter­schiedliche Papiere verwendet, manche sind wärmer, manche kühler, manche gehen fast ins Sepia.

Dieser Print, den ich im Detailfoto oben ausgefleckt habe, ist z.B. auf papierstarkem Orwo BH1 entstanden, leicht warmtonig – und er war ursprüng­lich nur als Kontakt­kopier­vorlage für ein Cyanotypie-Negativ gedacht. Aber er gefiel mir so gut, dass ich ihn gleich noch einmal abgezogen, dabei etwas penibler abgewedelt / nachbelichtet und nach Fertigstellung dekorativ gerahmt habe.

Himmelfahrt 2019: h4ndw3rk in Mainz


Arbeiten wie meine, die auch von der Haptik der Materialien leben, möchten nicht nur im Internet, sondern vor allem „live“ präsentiert werden. Deshalb habe ich mich für dieses Jahr zum ersten Mal bei der Mainzer Minipressen-Messe als Aussteller angemeldet.
Dort werde ich handgesetzte und -gedruckte Typografie-Postkarten, Fotoradierungen und Cyanotypien zeigen und zum Verkauf anbieten, außerdem maritime Fotopostkarten sowie mehrere kleinformatige Fotobücher.

Ich freue mich über Ihren und euren Besuch – meine Standnummer ist die A06 – in der Mainzer Rheingoldhalle an folgenden Terminen:
Donnerstag, 30. Mai, Freitag, 31. Mai: jeweils 14 bis 19 Uhr
Samstag, 1. Juni: 10 bis 19 Uhr
Sonntag, 2. Juni: 10 bis 17:30 Uhr.

Der Eintritt zur Messe ist kostenlos. Hier ist der offizielle Flyer mit zusätzlichen Infos und Rahmenprogramm.
Insgesamt sind es weit über 200 Aussteller*innen, ein Besuch dürfte sich für jeden Geschmack lohnen.

Postkarte: Ⓒ Mainzer Minipressen-Messe

Dies ist ein Grauverlaufsfilter

Ja halloo!, ist das schon wieder eine meiner alternativ­faktischen Überschriften? Nein, im Ernst, mit einem Stück schwarzer Pappe lässt sich bereits bei der Aufnahme (nicht erst beim Vergrößern) im Prinzip ein Grauverlaufs­filter simulieren:

Die Idee hatte ich, als ich neulich bei Fotohabitate über den Einsatz eines Verlaufs­filters in der Landschafts­fotografie las (wo es dazu dient, um die Mittags­zeit den Himmel abzudunkeln und vor dem Ausfressen zu retten). Ein solches Teil habe ich auch in meiner Sammlung, habe es bisher aber als Spielzeug betrachtet, weil es in einer normalen runden Fassung steckt, die zwar drehbar ist, aber naturgemäß lässt sich die Übergangs­zone dann nicht in der vertikalen Lage anpassen, das taugt also bloß bei langweilig-mittigem Horizont. Und einstellbare Filter­schubladen­systeme sind so aberwitzig teuer, dass ich darüber erst gar nicht nachdenke. Aber was – so mein Gedanke –, wenn man das Dunkelkammer-Prinzip des Abwedelns schon auf die Aufnahme anwendet?

Gleich mal probieren. Klappt:

Das ist ein schnell geschossenes und ebenso quick’n’dirty, ohne Rücksicht auf Finger­abdrücke entwickeltes Testbild bei hartem Mittags­licht auf meinem Strichfilm, Licht­messung im Schatten des vorderen Strauches – linke Hälfte normal belichtet, rechts habe ich während der gesamten Belichtungs­zeit die schwarze Pappe mehrmals von oben bis zur Mitte des Objektivs und wieder zurück geschwenkt. Resultat ist genau der Effekt, den ich haben wollte – so viel Zeichnung im Himmel würde ich bei hartem Film mit dem dollsten Farb-Kontrast­filter nicht hinbekommen.

Stativ-Notizen, Teil 2: Ein Kopf – und noch einer, und …

Auch wenn es vermutlich die stabilste Verbindung wäre, wird es nur in den seltensten Fällen ausreichen, die Kamera direkt auf die Stativbasis zu schrauben – zu mühsam wäre die Ausrichtung des Bildausschnitts. Ein Stativkopf muss also her, und wie bei den Beinen stellen die Großformat- und/oder Lochkamera-Fotografie auch an den Kopf erhöhte Anforderungen. Daher hier einige Notizen zu meinen Erfahrungen mit diversen Stativköpfen. (Experten wird auffallen, dass kein Schweizer Fabrikat dabei ist. Diese zwar oft gelobten Modelle habe ich zu keinem Zeitpunkt in Erwägung gezogen, weil sie einfach weit außerhalb meines Budgets liegen.)

Das Bild oben zeigt die drei Köpfe, die bei mir zum Einsatz kommen, sobald die Kamera größer wird als Kleinbild. Der Reihe nach: (mehr …)

Stativ-Notizen, Teil 1: Drei Beine

Ein Fan von Stativen bin ich praktisch seit Beginn meiner fotografischen Aktivitäten vor rund 35 Jahren. Aber die Ansprüche wandeln sich:

Zum Zeitpunkt meines ersten Web-Artikels zum Thema anno 2001 war ich zwar schon ziemlich gut ausgerüstet. Aber damals habe ich erstens fast nur mit Kleinbild­kameras fotografiert; die waren zwar mal mit Tele oder Balgengerät ausgerüstet, aber weder waren sie so ausladend wie eine Holz-Lochkamera für 6,5×8,5-Zoll-Negative, noch dauerten die Belichtungen typischerweise eine Viertel­stunde oder noch länger. Zweitens war es mir als jungem Hüpfer völlig egal, dass mein Alu-Riesenstativ schon ohne Kopf knapp 5kg auf die Waage bringt, während es mir heute die Arme lang und länger werden lässt. Deshalb im Folgenden der erste Teil eines längeren Textes zum Thema „Stative und Stativköpfe“ unter besonderer Berück­sichtigung der Bedürfnisse der Lochkamera- und Großformat­fotografie weitab des nächsten PKW-Parkplatzes.
Es gilt wie immer: Alle Aussagen basieren auf meiner eigenen ausgiebigen, teils jahrzehnte­langen Nutzung, keine bezahlte Werbung, keine Affiliate Links.

Grundsätzliches vorab: Katalogwerte zur Tragfähigkeit von Stativen und -köpfen sind in unserem Kontext mit Vorsicht zu genießen, siehe auch Vergleichs­szenario weiter unten. Denn eine zwar leichte Holz-Lochkamera, die aber in alle Richtungen ausladend im Wind steht und Belichtungszeiten im Halbstunden-Bereich erfordert, stellt höhere Anforderungen an ihren Unterbau als eine deutlich schwerere DSLR mit Telezoom, die bloß ein paar Sekunden lang oder gar nur eine Dreißigstel stabilisiert werden muss. (mehr …)

Timer denkt mit

In letzter Zeit bekomme ich bei der Filmentwicklung vernünftige Ergebnisse mit Semi-Stand, fünf bis sechs Intervalle à 15 Minuten. Und damit ich mir nicht selbst merken muss, in welchem Durchgang ich grade bin, hab ich mir dies ausgedacht:

Die digitale Zeitschaltuhr, von der ich in Werkstatt und Dunkelkammer mehrere in Betrieb habe, erlaubt das Einstellen von Minuten und Sekunden getrennt. Ich lasse also den Timer zuerst über 15 Minuten 1 Sekunde laufen und nach dem ersten Alarm stelle ich eine Sekunde höher; das wiederhole ich nach jedem Standintervall, bis die erforderliche Zahl erreicht ist: Dann beginnt der letzte Durchgang. Muss man sich nur ein Mal einprägen, aber dann ist es selbstverständlich, zwischen Stop und Start jeweils auf Sec zu drücken … Und ich kann in den Standzeiten guten Gewissens an ganz was anderes denken.

Vier Fehler in 48 Stunden

Dies ist ja ein service­orientiertes Blog, will sagen: Ich mache möglichst jeden Fehler mal und schreibe dann drüber, damit ihr ihn nicht mehr machen müsst. Und mit Großformatkameras kann man ja besonders viel falsch machen … Neulich war ich an zwei aufeinander folgenden Tagen mit der Großen unterwegs und habe gleich mehrere Böcke geschossen. Nämlich diese:

1. Vergessen, dass die Mattscheibe zwar 4×5 inch (10×12,5 cm) zeigt, aber die Kassette nur 9×12 cm groß ist, was in viel zu engem Ausschnitt resultiert.

(mehr …)

Nahlinse statt Objektiv

Ein neues Experiment zur Bilderzeugung mit ungewöhnlichen Mitteln: Nahlinsen, die man zur Verringerung des Aufnahmeabstands wie Filter vor ein Objektiv schraubt, sind im Prinzip auch Objektive, wenn auch nur solche mit einer bis zwei Linsen (und entsprechenden Abbildungsfehlern). Somit haben sie auch eine definierte Brennweite, nämlich 1000 / Dioptrienwert.

Eine Nahlinse +3 hat demnach 333mm Brennweite; mit 33,3 cm Balgenauszug fokussiert sie also auf Unendlich, mit mehr Auszug entsprechend näher. Und wenn man zwischen Linse und Film abdichtet und ein Loch definierten Durchmessers ausspart (etwa mit einer Objektivplatine), hat man eine exakt berechenbare Blende, bei 15mm beispielsweise f/22 (333 / 15), und kann damit prima fotografieren.

Beweis gefällig?

Dieses Bild habe ich mit dem abgebildeten „Objektiv“ und der 4×5-Inch-Kamera aufgenommen, bei Mittagslicht auf Duplizierfilm niedriger Empfindlichkeit mit etwa vier Sekunden Belichtungszeit:

Ein Detail aus dem Scan, 2000x2000px:

Man sieht deutlich gewisse Weichzeichner-Effekte, insbesondere an den hellen Kanten, die Schärfe ist nicht atemberaubend, aber die Kontraste sind durchaus brauchbar.

Hier zum Vergleich dasselbe Setting mit einem echten 300-mm-Objektiv, einem Apo-Ronar, ebenfalls bei f/22:

Und wieder ein 2000×2000-Ausschnitt:

Klar, das Große zeichnet insgesamt schärfer, detailreicher, liefert weniger Fehler; aber die Nahlinse hat auch ihren Charme. Wenn man mal mit kleiner Großformat-Ausrüstung unterwegs ist, hat man mit minimal Extragewicht und Platzbedarf noch ein Notfall-Objektiv mit engerem Bildwinkel an Bord …