Bilder vom Pinholeday 2018

Ein kleiner Anleitungs­artikel über die Fotografie mit der Camera obscura, der Lochkamera, wäre hier beizeiten auch mal fällig – das ist eine wunderbar einfache Methode, die Bild­produktion zu entschleunigen und dabei zu sehr poetischen Resultaten zu gelangen.

Weil ich gerade aber wenig Zeit habe, kommt heute erst mal eine kleine Bilder­sammlung – einschließlich Making-ofs – mit Motiven, die ich am diesjährigen Welt-Lochkameratag aufgenommen habe. Der Pinholeday findet immer am letzten Sonntag im April statt, und bis Ende Mai kann man dann sein Foto in der Galerie einreichen.

Mein Galeriebeitrag 2018 ist diese Aufnahme, entstanden noch relativ früh am Morgen (ich wollte bei niedrigem Bildausschnitt die Sonne mit im Bild haben):

Aufgenommen ist das Ganze (15 Minuten lang durch ein 1/3mm großes Stecknadel-Loch bei 95mm Bildweite, das entspricht ca. Blende f/280) mit einer selbst­gebauten Holzkamera, die 13×18-Planfilm­kassetten schluckt:

Das zweite Bild in der Kassette war dann wenig später dieses hier:

Sicherheitshalber hatte ich noch eine zweite Kamera dabei, nämlich eine modifizierte Agfa Clack 6×9:

Bei acht Bildern, die auf einen Rollfilm passen, habe ich es zwei Mal geschafft, das Transportieren nach der Aufnahme zu vergessen, was natürlich zu Doppel­belichtung führt. Das war im Nachhinein aber beide Male gar nicht schlimm:

(Der interessanteste Ausschnitt im zweiten Bild sind die Häuser in den Bäumen:)

Hier noch drei „ungedoppelte“ Motive von der Rolle:

Und hier die Clack, während sie die Waldszene aufnimmt:

Der Film war in beiden Formaten Fomapan; die Planfilme habe ich in Rodinal 1:50 in der Schale entwickelt, den Rollfilm in 1:100 mit Standentwicklung. Leider finde ich bei letzterer neuerdings öfters mal Schlieren auf den Negativen, etwa solche:

(Weshalb ich inzwischen wieder dazu übergehe, doch lieber 1:50 zu verdünnen und nur rund 15 Minuten mit regelmäßiger Bewegung zu entwickeln.)

***

Und weil man ja vorher nicht sicher weiß, ob die Entwicklung klappt, hab ich am Mittag des Pinholeday auch noch ein paar Bilder mit der Digitalkamera durch einen gebohrten Gehäuse­deckel gemacht. Die Effekte der Sonne direkt im Bild sind nämlich bei der Lochkamera­fotografie auch sehr attraktiv:

Strichfilme mit Zwischentönen

Bisher habe ich Strichfilm (Rollei ATO, Wephota FO5) haupt­sächlich benutzt, um mit speziellem Hochkontrast­entwickler meine Druck­vorlagen zu erstellen – für Buchdruck­klischees oder Tiefdruck­platten. Allerdings haben diese Filme ein paar charmante Eigen­schaften: Sie lassen sich bei Rotlicht verarbeiten und sind ziemlich niedrig empfindlich (ganz ähnlich wie Fotopapier, nur eben transparent auf extrem dünnem Träger, also leichter umkopierbar als Papier­negative). Somit könnte man sie auch benutzen, um Bilder mit der Anmutung alter Glas­negative zu erzeugen – dafür muss man aber Grautöne aus ihnen heraus­kitzeln, nicht nur Tiefschwarz und Transparent. Aber wie?

Dazu habe ich ein paar Experimente mit den paar Entwicklern gemacht, die ich sowieso im Haus habe (Rodinal, Maco Ecoprint und Rollei High Contrast), und alles penibel dokumentiert. Die Ergebnisse zeigen, bei teils nur geringen Abwei­chungen in der Verar­beitung, extreme Unterschiede (das Bild zeigt nur diejenigen Negative, die auf den ersten Blick halbwegs brauchbar wirkten):

Auf dem Leuchttisch käme man nun nicht drauf, dass das Bild oben links das beste ist, aber nach Einscannen und jeweils optimalem Umkehren in Photoshop war die Sache klar. Das nächste Bild zeigt (v.l.n.r.) Ausschnitte der Negative 6 / 8 / 3 (siehe Beschriftung jeweils untere Bildmitte):

Man sieht in der Großansicht recht deutlich, dass in allen Negativen, die vordergründig „richtig“ entwickelt sind, die Konturen überstrahlen, was sich ungünstig auf die Schärfe auswirkt.

Anders gesagt: Damit ich scharfe, tonal fein abgestufte Negative erhalte, muss ich den FO5 so verarbeiten, dass er auf den ersten Blick unterbelichtet und / oder unterentwickelt aussieht. Da es ja nur der Ausgangspunkt ist, kann man das in den folgenden Schritten kompensieren. Aber zuerst noch mal zur Schärfe – rasche Umkehrung des Negativscans, noch ohne Optimierung der flaueren Passagen:

Schauen wir mal genauer hin:

Und jetzt bei 100%-Darstellung des 2400-dpi-Scans:

Das finde ich schon ziemlich beeindruckend für ein Negativ, das mit meinen einfachen Mitteln entstanden ist …

Und wie habe ich dieses Negativ nun verarbeitet? Belichtet habe ich den FO5 wie ISO 0,8/0°. Entwickelt habe ich in Rodinal 1:200 in der Schale, eine Minute kippeln und dann 15 Minuten stehen lassen. Stoppbad und Fixierer wie üblich. Stärkere Konzentration, eine Stunde Standentwicklung oder auch Entwickeln in verdünntem Papier­entwickler führten schnell zu besagten Über­strahlungen, ebenso Zweitentwicklung in RHC, und sei es nur ein paar Sekunden. Noch zu testen bleibt, ob ein Zweitbad in stark (!) verdünntem RHC die Tiefen verstärkt, ohne zu überstrahlen.

Und eine Empfindlichkeit von 0 DIN ist natürlich für bestimmte Zwecke sensationell. Das bedeutet eine Sekunde Belichtung, wo mit 21 DIN 1/125 fällig wäre – noch ein Graufilter dazudenken, und man kommt auf Belichtungszeiten, in denen fließendes Wasser nur noch ein watteweicher Pinselstrich ist.

Ein paar Tage später:
Die Testaufnahmen waren ja im Innenraum gemacht, also mit vergleichsweise überschaubarem Kontrastumfang. Mittlerweile habe ich auch ein paar Vergleichsaufnahmen draußen gemacht, und da wird es schnell heikel. Wenn ich den FO5 so weich wie möglich entwickle (also wie oben beschrieben), ist er immer noch deutlich härter als mein üblicher Fomapan – nachfolgend zwei Ausschnitte eines Fotos bei bedecktem Himmel, bei Sonnenschein ist der Unterschied noch deutlich krasser. Links Foma 320, Kontrast des Negativs in der EBV noch verstärkt, rechts FO5, in Photoshop so weich wie möglich wiedergegeben. Das ist zwar noch ganz hübsch alles, aber praktischer ist es doch, wenn der Film erst mal weich ist – härter bekomme ich den Scan oder Abzug immer, umgekehrt wird schwierig.

Jedenfalls lautet mein vorläufiges Fazit, dass ich den Strichfilm bildmäßig nur bei sehr trübem Wetter, quasi im dichten Nebel, einsetzen sollte. Für feine Nuancen bei Sonnenlicht ist er zumindest mit meinen Möglichkeiten nicht so gut geeignet.

13×18 im Zauberwald

Scans vom Negativ – zwei davon habe ich in der Schale entwickelt, die anderen beiden per Standentwicklung in der Dose. Den Negativen sehe ich keinen nennenswerten Unterschied an, und diesmal sind vor allem auch keine Schlieren drauf. Geht also jetzt beides, je nachdem, wie viel Lust auf Abenteuer ich habe …

Gut, die verstellbare Großformatkamera erlaubt, wie man sieht, noch eine Menge mehr Fehler, aber die muss ich wohl alle einmal durchprobieren.

Zwei Ideen zum Fachkamera-Tuning

Wer zum Fotografieren in die Natur geht und dabei Planfilme belichten will, der verwendet normalerweise eine Laufbodenkamera wegen ihres günstigen Packmaßes. Mein „richtiges“ Großformat-System (neben der antiken hölzernen Schönheit) ist allerdings aus diversen Gründen eine optische Bank; und weil ich die nicht immer komplett zerlegen möchte, um sie in einen Rucksack packen zu können, habe ich mir was ausgedacht:

Das Problem der Cambo SC ist, dass sie selbst bei Montage auf dem kurzen Grundrohr in allen drei Dimensionen mindestens 30 cm misst und einen entsprechend großen Koffer braucht. Da solche Grundrohre aber zu teuer sind, um sie zu zersägen, habe ich mal nachgemessen: Der quadratische Querschnitt hat eine Seitenlänge von exakt einem Zoll, also 25,4 mm. Nun bekommt man in D bei jedem einschlägigen Metallbetrieb Vierkant-Aluminium 25×25 mm im Zuschnitt für kleine einstellige Eurobeträge; davon habe ich mir zwei Stücke in 16 cm Länge zuschneiden lassen und noch Endstopfen mitbestellt.

Zum Einpacken der Kamera schiebe ich beide Standarten nacheinander vom Grundrohr herunter und aufs neue drauf, der Balgen muss dabei nicht demontiert werden; den Bankhalter setze ich 90° versetzt auf, dann lässt sich alles noch näher zusammenschieben:

Jetzt ist das Ganze, flach hingelegt, selbst mit angesetztem 90er Weitwinkel nur noch knapp 20 cm hoch und passt in den Fotorucksack, ein paar Kassetten und der Belichtungsmesser noch daneben. Wenn man nicht in den Makrobereich will, reicht fürs 90er das Transport-Rohr sogar für den Auszug, man muss das größere Rohr dann gar nicht mitnehmen. (Die Standarten sitzen auch auf dem neuen Alurohr ziemlich straff, man muss nur ein bisschen beim Fokussieren aufpassen, weil ja die Sperrknöpfe am Ende fehlen.) Und schon hat der Terminus Mit kleiner Ausrüstung unterwegs sein ganz neue Bedeutung …

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Das andere Ende des Spektrums ist erreicht, wenn man mit sehr langen Brennweiten und/oder im extremen Nahbereich arbeiten möchte; dann ist auch das 54er Grundrohr nicht lang genug. Aber beim Metallbauer gibt es ja auch 30x30er Vierkantrohre mit 2 mm Wandstärke, da passt ein zölliges Grundrohr prima rein – man erkennt die Idee schon:

Hier habe ich auf gegenüberliegenden Seiten (um nicht zwei Stresspunkte direkt nebeneinander im Material zu haben) leicht versetzt je ein Loch für den Sperrknopf gebohrt und habe jetzt einen hinreichend soliden Verbinder.

Dann muss man nur noch eine 9×12-Konfiguration ohne Mattscheibenrückteil

mit einem 13×18-Aufbau ohne Objektivplatine kombinieren (nicht vergessen, je ein Stativ unter jede Hälfte zu packen …),

und schon hat man eine Kamera, neben der all die Superteles hinterm Fußballtor ziemlich mickrig aussehen:

Wenn man beispielsweise bei diesem Setup ein 600mm-Reproobjektiv montiert,

kommt man mit balgenschonendem Gesamtauszug von „nur“ 90 cm auf einen Abbildungsmaßstab von 1:2 bei einer Gegenstandsweite (lichter Abstand vom Motiv zum Objektiv, vereinfacht gesagt) von 1,8 Metern. Theoretisch traumhafte Werte für die Libellenfotografie – gäbe es da nicht beim Arbeiten mit der Fachkamera das eine oder andere Tempo-Handicap …

Reale Relativität

Wer daran zweifelt, dass Zeit dehnbar ist, der sollte einmal einen Schwarz­weißfilm in der Schale entwickeln …

Normaler­weise habe ich ja meinen Standard­prozess für die Film­entwicklung, aber für die größeren Planfilme ab 5×7 Zoll war ich damit noch nicht recht glücklich. Denn anders als für 4×5 Zoll habe ich hier keine geeig­nete Spule und bin daher im Tages­lichttank auf die sog. Taco-Entwicklung angewiesen. (Die geht so: Planfilm aufrollen, Gummiring drum, rin in die große Dose, vier Stück passen neben­einander rein.) Weil aber auch Stand- und Semistand­entwicklung nicht ohne einiges Kippen auskommen, löst sich gelegentlich mal eine Taco-Rolle, und das Ergebnis sind üble Kratzer bis hin zur Unbenutzbarkeit. Da ich gerade zwei Dutzend 5x7er zu entwickeln hatte, habe ich jetzt was anderes probiert: Einzelblatt-Entwicklung* in der Schale.

Weil nun aber Schwarzweiß­filme (zumindest die panchro­matischen, also alle „normalen“) anders als Fotopapier übers ganze Spektrum empfindlich sind, muss der gesamte Prozess vom Entnehmen aus der Kassette bis mindestens zum Fixierbad in absoluter Dunkel­heit stattfinden.

Man platziert also alles, was man braucht, griff­bereit, klemmt sich einen Timer, dessen Funktionen man blind steuern kann, an die Schürze, befüllt die Schalen vom Vorwässern bis zum Fixierer (der Entwickler sollte für diesen Zweck natürlich kein One-Shot wie Rodinal sein – ich habe hier einen etwas stärker verdünnten Papierentwickler verwendet), legt die (vorne möglichst weichen) Zangen an immer dieselbe Stelle der Wannen und lernt auswendig, wie viele Schritte in welche Richtung es vom Arbeitstisch bis zum Wasserhahn sind, denn es wird nicht ausbleiben, dass öfters mal gründliches Hände­waschen angezeigt ist … Dann Licht aus und Nerven bewahren!

Auf diese Weise habe ich heute in einem Rutsch ein Dutzend Planfilme ohne nennens­werte Panne entwickelt (aber: siehe unten) – dafür war ich andert­halb Stunden lang im absoluten Dunkel, es hat sich allerdings angefühlt wie ein halber Tag. Dieselbe Zeitspanne auf die Internet-Recherche nach geeigneten Planfilm-Entwicklungs­methoden verwendet verstreicht gefühlter­maßen vier oder fünf Mal so schnell …

Aufnahmen mit der Holzkamera am Brodtener Ufer, in der Schale entwickelt. Keine Ahnung, woher dieser helle Schleier kommt …

Nachtrag, als auch das zweite Dutzend Filme entwickelt ist: Auch die Schale hat ihre Tücken. Ich habe insgesamt weniger Kratzer als mit der Taco-Methode, aber dafür vereinzelt schlierige Unregel­mäßigkeiten bei der Entwicklung. Nach ersten Recherchen tippe ich auf unzurei­chende Bewegung, obwohl ich genau darauf schon sorgfältig geachtet hatte. Nächstes Mal also beherzt Überschwappen riskieren – oder doch wieder wickeln zum Entwickeln …?

In dieser Form wohl kaum brauchbar – am ehesten noch für eine Cyanotypie auf raues Papier, aber sicher nicht für eine direkte Vergrößerung.

* man liest auch manchmal Anleitungen, in denen mehrere Blatt Film auf einmal in die Entwicklerschale kommen. Aber das ist mir unsympathisch – erstens kann man sich dann mit den Entwicklungszeiten leichter vertüdeln und zweitens steigt wieder das Kratzerrisiko.

Mehr Bilder aus dieser Aufnahmereihe gibt es hier.

Papiernegativ ist das neue Polaroid

Sofortbild feiert in den letzten Jahren zwar eine Renaissance, aber leider nur in Spielzeug­formaten. Wer noch ein Polaback für Großformat­rückteile hat, wird fürs Verbrauchs­material meist nur noch zu obszönen Preisen bei schwindeligen Internet-Quellen fündig. Wenn es nur um Schwarzweiß geht, gibt es allerdings eine Alternative fürs schnelle Bild: Man packt einfach Foto­papier in die Planfilm­kassette.

Das ist im Bildergebnis zwar nicht dasselbe (nicht mal ansatz­weise), aber es hat auch seinen Charme: Weil nämlich die Empfind­lichkeit von Fotopapier im einstelligen ISO-Bereich liegt und das Material – zumindest das festgradierte – üblicher­weise nicht für Rot sensi­bilisiert ist. Damit sind die Tonalität und die Belichtungs­zeiten ähnlich denen alter Glasplatten wie zu Urgroß­vaters Fotozeiten.

Ein so belichtetes Negativ kann man direkt nach der Aufnahme bei Rotlicht in die Entwickler-Wanne legen und ein paar Minuten später schon zum Trocknen aufhängen; und weil es (wenn man PE-„Papier“ benutzt) auch viel schneller trocknet als ein Planfilm, hat man im Nullkommanix ein weiter­verarbeit­bares Ergebnis in der Hand.

Zu beachten ist dabei lediglich, dass Fotopapier einen geringeren Kontrast­umfang wiedergeben kann als der klassische SW-Film; Landschaft bei Sonnen­schein mit schattigem Vorder­grund und Schäfchen­wolken auf Weitwinkel wird nix, da kannste noch so doll filtern. Aber bei geeigneten Bedin­gungen (trübes Licht, Fotostudio mit kontrol­lierbaren Kontrasten) lässt sich damit prima arbeiten. Und als Kollateral­nutzen kostet es auch nur den Bruchteil einer Aufnahme auf Planfilm.